Seit etwa dreißig Jahren gibt es
in Deutschland eine Literatur ausländischer Autoren. Das ist relativ
spät, wenn man an analoge Phänomene in England und Frankreich
denkt. Es liegt auch daran, daß sich Deutschland weigert, sich als
Einwanderungsland zu definieren. In einer ersten Phase orientierte sich
die deutsche Literatur ausländischer Autoren am dominanten Diskurs
und verstand sich als eine Literatur der Betroffenheit. Dadurch wurde sie
in ein literarisches Ghetto abgedrängt. Die Grund-Situation - in der
Fremde zu leben und in einer Fremdsprache zu schreiben - stellt eine Herausforderung
dar, die literarisch fruchtbar geworden ist.
Drei spezifische Aspekte der
deutschen Literatur ausländischer Autoren sind bemerkenswert:
• die Reflexion über die Sprache als
Medium der Literatur
• das Spannungsverhältnis zwischen
dem Bedürfnis nach Integration und dem Kampf um die Bewahrung der
eigenen kulturellen Identität, welches in spezifischen literarischen
Formen zum Ausdruck kommt
• das Aufbrechen stereotyper Wahrnehmungsformen
Durch ihre Sprach-Reflexivität, durch
die schöpferische Einführung von fremdsprachlichen Elementen,
durch die Thematisierung von Fremdheit als genereller Erfahrung, durch
die Übersetzung einer multiplen oder gebrochenen Identität weist
die Literatur der Emigranten wesentliche Elemente der literarischen Moderne
auf.
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Ausgewählte Daten zur Person
Biographische Daten
Joseph Jurt, geb. 1940, studierte Romanistik, Geschichte und Philosophie an der Universität Fribourg/Schweiz und an der Sorbonne/Paris; 1978 Habilitation; 1980 Professor in Regensburg; seit 1981 Professor für französische Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg Br. Er ist Mitbegründer und seit 1993 Vorstandsvorsitzender des Frankreich - Zentrums der Universität Freiburg; seit 1997 Mitglied des Deutsch-Französischen Kulturrates.
Publikationen
Les attitudes politiques de Georges Bernanos jusqu'en 1931 (1968); Georges Bernanos. 1. Essai de bibliographie des études en langue française (1972/1975/1976); La réception de la littérature par la critique journalistique (1980); [zusammen mit Martin Ebel und Ursula Erzgräber] Französischsprachige Gegenwartsliteratur 1918-1986/87: Eine bibliographische Bestands- aufnahme der Originaltexte und der deutschen Übersetzungen (1989); Das literarische Feld. Das Konzept Pierre Bourdieus in Theorie und Praxis (1995); Bernanos, Essais et écrits de combat (1972/1995); (Hg.): Die 'Franzosenzeit' im Lande Baden von 1945 bis heute (1992); (Hg.): Von der Besatzungszeit zur deutsch-französischen Kooperation (1993); (Hg.): Algérie-France-Islam (1997); (Hg.): Zeitgenössische französische Denker: Eine Bilanz (1998).