[zurück]

Vorbemerkung

Das Verfahren der Basis-Interpretation ist ausschließlich darauf ausgerichtet, kognitive Interpretationsprobleme zu lösen; davon werden aneignende Deutungsverfahren abgegrenzt, deren Hauptfunktion darin besteht, den jeweiligen Text dem Überzeugungssystem des Interpreten dienstbar zu machen. Bei allen literarischen Texten besteht die fundamentale Interpretationsaufgabe darin, Hypothesen über die textprägenden Instanzen ‘Textkonzept’, ‘Literaturprogramm’ und ‘Überzeugungssystem des Autors’ zu bilden, um mit ihrer Hilfe den Text in seiner Tiefenstruktur verstehend erklären zu können.[1]

In Mythos & Literatur habe ich zwei Modell-Interpretationen vorgelegt, die diesem Konzept folgen. Christa Wolfs Medea. Stimmen dient als Beispiel für Typ a der mythoshaltigen Literatur, d.h. für die literarische Verarbeitung mythischer Erzählungen; Typ b - die literarische Verarbeitung mythischer Denkstrukturen - wird hingegen durch Juri Rytchëus Roman Wenn die Wale fortziehen repräsentiert.

In der zweisemestrigen Vorlesung, aus der das Buch hervorgegangen ist, wurden noch weitere Basis-Interpretationen (sowie einige damit eng verbundene Arbeiten) vorgetragen.[2] Einige dieser Texte sind mittlerweile erschienen, teils in Mythologica. Düsseldorfer Jahrbuch für interdisziplinäre Mythosforschung (Verlag Die Blaue Eule), teils in der Nachfolge-Zeitschrift Mythos. Fächerübergreifendes Forum für Mythosforschung (Verlag Königshausen & Neumann):

- P. Tepe/C. Peters: Wo die grünen Ameisen träumen. Eine Filmerzählung von Werner Herzog. In: Mythologica 8 (2002), S. 202-216.

- B. zur Nieden: Mythoshaltige Lyrik des Expressionismus. In: Mythos No. 1 (2004), S. 265-280

- P. Tepe: Rezensionen mythoshaltiger Literatur. Eine exemplarische Studie zu 10 Besprechungen von Christa Wolfs "Medea. Stimmen". In: Mythos No. 1 (2004), S. 248-264.

Aus dem Vorlesungskontext fehlen nur noch die Modellinterpretationen zu den Amphitryon-Versionen von Molière und Kleist (die Typ a zuzuordnen sind) sowie die zugehörige kleine Studie zu drei ausgewählten Interpretationen der Fachliteratur. Diese Texte werden jetzt - in nur geringfügig überarbeiteter Form - präsentiert. Wie in den bereits vorliegenden Modellinterpretationen, so wird auch hier in einer ‘experimentellen’ Situation die vorliegende Forschungsliteratur ganz ausgeblendet, um das methodische Vorgehen schärfer herausarbeiten zu können.[3]


[1] Genauere Ausführungen finden sich in: P. Tepe: Mythos & Literatur. Aufbau einer literaturwissenschaftlichen Mythosforschung. Würzburg 2001. Buch II und Buch V. Vgl. auch: P. Tepe: Zum Konzept der Basis-Interpretation. In: Mythologica 8 (2002), S. 193-202.

[2] Vgl. ebd., S. 9f.

[3] Zur Begründung vgl. ebd., Kapitel 6.1.


[zurück]