1.13 Krise der Hintergrundtheorie
1. Zur Jahrhundertwende melden sich im kompakten System
des Positivismus klar erkennbare Auflösungserscheinungen. Die positivistischen
Positionen beginnen ihre entscheidende Rolle in der Wissenschaft und in der
Philosophie zu verlieren. So stützte sich der Positivismus im Bereich der
Wissenschaft vor allem auf ein mechanistisches Weltmodell, das sich in der Physik
seit Galilei und Newton herausgebildet hatte und durch die Entwicklungslehre
des 19. Jahrhunderts ergänzt wurde. Nun aber begann die Physik in den Bau der
Atome einzudringen und damit änderte sich auch wesentlich die bis dahin
vorherrschende Ansicht von der Materie. Gewisse neue Theorien, darunter vor
allem die Relativitätstheorie, stellten auch die absolute Determiniertheit der
physikalischen Prozesse in Frage, in der aber gerade die Möglichkeit einer
kausalen Erklärung und wissenschaftlichen Voraussage begründet war. Die bis
dahin selbstverständlichen Voraussetzungen des kausal determinierten Weltbildes
wurden so problematisch. 2. In der Philosophie wurde der Einwand immer lauter, dass
sich das positivistische Grundprinzip der Beschränkung auf das Wahrnehmbare und
des Ausschließens aller Metaphysik nicht vollauf rechtfertigen lasse. Außerdem
machte man geltend, dass der Exaktheitsbegriff mit einer Verengung oder
Verarmung im Gegenständlichen erkauft werde, dass die Gleichsetzung des
Wissenschaftlichen mit dem Wahrnehmbaren willkürlich und selbst metaphysisch
bestimmt sei und dass insbesondere die Eigengesetzlichkeit der
geisteswissenschaftlichen Erkenntnis durch die Übertragung
naturwissenschaftlicher Denkformen auf sie verkannt werde. Zur Jahrhundertwende
begann in den Augen der Philosophen das Ideal der Unantastbarkeit
wissenschaftlicher Erkenntnis viel von seiner Autorität zu verlieren. |