2.10 Literaturtheoretische Grundannahmen
1. Kunst und Kultur gelten als reine Emanationen des
„Geistes“, der „Seele“ oder des „Lebens“, die sich nur aus einem
irrationalistischen Selbstverwirklichungsdrang ableiten lassen. (Hermand, 46) 2. Auf der einen Seite hebt man ständig die freie
Entscheidung des großen Einzelnen hervor, der nur aus seiner eigenen Seele
heraus schafft und daher fast einer Urmonade gleicht. Andererseits neigt man in
steigendem Maße dazu, in größeren Zeitzusammenhängen, in Epochen zu denken, was
zu einer auffälligen Akzentuierung aller überindividuellen Elemente führt. Hier
wie dort will man sich aus der Schlinge des Empirismus ziehen. (Hermand, 46) 3. Nach Dilthey geht das literarische Werk aus vom
Erlebnis, dieses wird umgestaltet durch die Tätigkeit der Phantasie, die
‘zweite Welt’ entsteht, diejenige des Werkes, in ihr wird das Einzelerlebnis
zum Symbol, dadurch mündet das anfänglich Individuelle ein ins Allgemeine. Der
Betrachter des Werkes hat beide Schichten im Blick. Bei der Erfassung des Werks
müssen Allgemeinpsychologie und Individualpsychologie kooperieren.
(Maren-Grisebach, 38) 4. Eine entsprechende Spannung besteht zwischen dem
Generellen der gesellschaftlichen Situation und dem Einmaligen der
individuellen Existenz. In der Forschung können hier unterschiedliche Akzente
gesetzt werden: Gesamtdarstellung einer übergreifenden Idee in ihrer zeitlichen
Abfolge und ihrer Gleichzeitigkeit oder Einzeldarstellung der Idee in einem
isolierten Dichtwerk. (Maren-Grisebach ?) |