3.06 'Übergreifende' Hintergründe
1. Es gibt keine einheitliche oder gar verbindliche
Definition des Diskursbegriffs. Er wird in verschiedenen Disziplinen als
eingeführter Terminus mit
unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht. Zugleich ist er seit den achtziger
Jahren ein literaturwissenschaftlicher Modebegriff und insofern oft
unspezifisch verwendet worden. Mindestens vier Typen des ‘Diskurs’-Begriffs
sind aber zu unterscheiden. In literaturwissenschaftlichen Texten dominiert der
vierte Typ. (1) In der Linguistik bezeichnet der Begriff ‘Diskurs’ in
der Regel zusammenhängende Rede, kohärente Texte. (2) Philosophisch spielt der Begriff in der ‘Frankfurter
Schule’, besonders bei Jürgen Habermas, eine Rolle. Hier bezeichnet er
denjenigen Kommunikationstyp, mit dem sich Personen über den Geltungsanspruch
von Normen verständigen.[2] (3) In der Erzähltheorie bezieht sich der Begriff
‘Diskurs’ (‘discours’) auf den formalen Aspekt einer Erzählung. Er bezeichnet
das Erzählen, die Narration, während das Erzählte, die Handlungsfolge,
‘histoire’ genannt wird. (4) Im engeren Sinne ‘diskurstheoretisch’ wird der Begriff
disziplinübergreifend verwendet, und zwar in zahlreichen Varianten. Vorläufig
soll er hier als Bezeichnung für ein „System des Denkens und Argumentierens“
verstanden werden, das durch einen gemeinsamen „Redegegenstand“, durch
„Regularitäten der Rede“ und durch „Relationen zu anderen Diskursen“ bestimmt
ist (Titzmann). Diskurse sind also keine Einzeltexte oder Textgruppen, sondern
Komplexe, die sich aus Aussagen und den Bedingungen und Regeln ihrer Produktion
und Rezeption in einem bestimmten Zeitraum zusammensetzen. Ein Beispiel: Der
„juristische Diskurs des 19. Jahrhunderts“ ist demnach zu bestimmen über seinen
Gegenstand (das Recht, die Rechtsprechung), über die Weise, in der dieser
Gegenstand thematisiert wird (zum Beispiel in einer bestimmten juristischen
Terminologie und Argumentationsform), und über seine Beziehungen zu anderen
Diskursen der Zeit, etwa zu psychologischen oder theologischen Diskursen.
(Winko, 463ff.) 2. Nach ihren theoretischen Schwerpunkten lassen sich drei
Tendenzen unterscheiden: eine semiotisch-philosophische
Richtung der Diskursanalyse etwa bei Jacques Derrida, eine linguistisch-psychoanalytische etwa bei Jacques Lacan und Julia
Kristeva und eine historisch-genealogische
Richtung vor allem bei Michel Foucault, zu denen es jeweils auch feministisch
argumentierende Varianten gibt. Sie alle werden ‘diskursanalytisch’ genannt,
nur für die dritte ist auch der Terminus ‘diskursgeschichtlich’ gebräuchlich.
Bezeichnet ‘Diskursanalyse’ die genaue Untersuchung von Diskursen, ihren Funktionsweisen und Bedingungen, so legt
‘Diskursgeschichte’ das Gewicht auf deren historische
Rekonstruktion. Als Synonym findet man auch den Ausdruck ‘historische
Diskursanalyse’. (Winko, 465) 3. Grob lässt sich bei Foucault zwischen einer weiten und
einer engen Verwendung des Diskursbegriffs unterscheiden. (1) Der weite Diskursbegriff ist schwer fassbar. Hier wird
das Bild einer reichen, gefährlichen, weil ‘wuchernden’ oder ‘strömenden’
sprachlichen Größe entworfen, die im Wortsinne anarchisch ist. Weil dieser
Diskurs ordnungslos und unberechenbar ist, erzeugt er Angst und wird mithilfe
zahlreicher Verbote und Regeln gebändigt. (2) ‘Diskurs’ im engeren Sinne ist ein wissenssoziologischer Begriff. Foucault
bezeichnet damit „eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem
zugehören“ (Foucault 1973, 156).
‘Aussage’ meint hier die vereinzelte und kontingente, keinem konkreten Sprecher
zuzuordnende „Materialität des zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten
Ort wirklich Gesagten“ (Fink-Eitel). Aussagen transportieren demnach keine
feste Bedeutung, und sie sind auch nicht nur deshalb einer Untersuchung wert,
weil sie auf etwas außerhalb ihrer selbst verweisen, etwa auf eine Wahrheit,
einen Sinn ‘hinter’ ihnen oder auf die Intention eines sprechenden Subjekts;
vielmehr nimmt Foucault sie als schlichte sprachliche „Ereignisse“ ernst und
analysiert sie „archäologisch“, indem er ‘positive’ Fakten über sie sammelt:
etwa wie oft sie wann und in welcher Kombination vorkommen. (Winko, 467) 4. „Diskurse“ setzen sich aus Komplexen von so
verstandenen „Aussagen“ zusammen, deren Verbindung oder „Formation“ bestimmten
Regeln gehorcht. Diese Regeln sind historisch variabel. Das heißt: die
Möglichkeiten und Beschränkungen, Aussagen zu formieren, unterscheiden sich in
verschiedenen Epochen. Das „allgemeine System der Formation und der
Transformation von Aussagen“ nennt Foucault „Archiv“. Um Diskurse zu
analysieren, sind also sowohl Aussagen als auch ihre Formationen und ihre
Bedingungen zu untersuchen – also die impliziten und expliziten Regeln, die zu
einem gegebenen Zeitpunkt Diskurse strukturieren: Sie legen fest, welche
Gegenstände in einem Diskurs zugelassen sind, mit welchen Begriffen und in
welchem Modus (Erzählung, wissenschaftliche Abhandlung, mythologische
Darstellung u.a.) über sie gesprochen wird, welche theoretischen Annahmen dabei
vorausgesetzt werden, wer redet oder reden darf. Dasjenige „kognitive
Ordnungsschema“, mit dem in einer Epoche Alltagswissen und wissenschaftliches
Wissen organisiert werden, bezeichnet Foucault als deren „Episteme“. (Winko,
467f.) 5. Diskurse entstehen und regeln sich nicht aus sich
selbst heraus. Vielmehr sind sie Bestandteil von sozialen Kräfteverhältnissen,
von Praktiken der Macht. Als
ordnungsstiftende Kraft manifestiert sich die so verstandene „Macht“ in
denjenigen Ausschlussverfahren, mit denen ein Diskurs ‘nach außen’ abgegrenzt
wird, und in den Kontrollmechanismen, die ihn intern regulieren. Der
„medizinische Diskurs“ etwa ist
dementsprechend als ein Komplex von Aussagen und Regeln aufzufassen, die
festlegen, wer wann in welcher Institution und mit welchen Begriffen über
Gesundheit und Krankheit spricht und was er damit bezeichnet. Komplexe, in denen Wissen und Macht zusammenwirken, nennt
Foucault „Dispositive“. (Winko, 468) 6. ‘Diskurs’ fungiert als Leitbegriff einer Theorie der
Diskursanalyse. Diskurs bezeichnet eine strukturierte Menge von (überwiegend
sprachlichen) Äußerungen, deren Geltungsbereich durch eine Diskurs-Ordnung
geregelt wird. Der innere Zusammenhang solcher Diskurse ist semantisch
bestimmt: zu einem Diskurs gehören alle Äußerungen, die seine Regeln befolgen
und zum spezifischen Thema des Diskurses Wissenselemente beitragen. Diskurse
unterwerfen die Individuen, haben aber selbst keine benennbaren Urheber. Die
Diskurstheorie bietet so etwas wie einen Satz weitreichender Annahmen über eine
Ordnung der Welt im allgemeinen. (Baasner, 129) 7. Das alte französische Wort ‘discours’ (etwa: Rede über
etwas) erhält bei Foucault und in der deutschen Rezeption seiner Schriften
einen zentralen terminologischen Status. Als ein Kerngedanke lässt sich aus
Foucaults Oeuvre zunächst die Entdeckung herausheben, dass alle sprachlichen
Aussagen einem heterogenen Regelwerk gehorchen, das aus geläufigen allgemeinen
Grundsätzen zu bestehen scheint. Und zwar sind zu jeder Zeit die gängigen
Weltdeutungs- und Erkenntnismuster
jeweils einer redebeherrschenden
Macht unterworfen, die sich selbst fortschreibt und dabei nach Grundsätzen
verfährt, die nicht leicht zu durchschauen sind. Sie wird keineswegs von den
Redenden und Schreibenden allein ausgeübt, ja ihre Anwendung liegt überhaupt
nicht in deren Ermessen. Es sind Ordnungsprinzipien jenseits der einzelnen
Personen, die alle jene Aussagen bestimmen, in denen die menschliche Kenntnis
der Welt aufbewahrt (archiviert)
wird. Diese Ordnung erscheint im
Diskurs, in der Menge aller zugelassenen Aussagen; nur dort kann sie von den
Beobachtern, die sie analysieren wollen, wahrgenommen werden. Ordnung regiert
den Diskurs, sie prägt ihm ihre Machtstruktur ein, ohne durch eine reale Person oder fassbare Instanz
Herrschaft ausgeübt würde – und insofern geschieht dies auch ohne jedes auf ein
Ziel gerichtetes Interesse. Die Ordnung wird durch die Zwänge eingeführter, normierter
Redeweisen befestigt, denen sich niemand entziehen darf, wenn er beachtet
werden will. Diese Bedingung schränkt die Verfügungsgewalt des Individuums über
seine vermeintlich eigenen Aussagen gewaltig ein: Weltdeutung und Erkenntnis
sind auf diesem Wege immer schon vorgeprägt, ohne dass sich andererseits
verantwortliche Urheber für diese Prägungen ermitteln ließen. (Baasner, 130) 8. Die Diskurse decken zwar einen überwältigend großen,
aber nicht den gesamten Bereich in jeder Kultur ab. Von ihnen sind die
wissenschaftlich-philosophischen Aussagesysteme zu unterscheiden, welche die
Ordnung des kulturellen Diskursbereichs durch ihre eigene, auf logische
Systematik hin ausgerichtete Neuordnung
durchbrechen. Auf der anderen Seite sind den Diskursen die primären Kodierungen
vorgelagert, z.B. Sprache und Wahrnehmungsschemata. Der Diskurs tritt also erst
nach der ‘primären Codierung’ in Funktion und kann deshalb als Codierung
zweiter Ordnung aufgefasst werden. Er dehnt seinen Geltungsbereich aber auch
auf die anderen Bereiche aus. Zumindest ihre allgemein interessierenden
Bestandteile können nur vermittelt werden, indem sie sich dem Einfluss des
Diskurses aussetzen. (Baasner, 130f.) 9. Gegenstand des diskursanalytischen Forschungsprogramms
sind im wesentlichen zwei Problemkreise: Erstens muss das Vorhandensein und die
Strukturierung von Diskurs überhaupt erst einmal durchschaut sein, um
beschreib- und analysierbar zu werden. Zweitens gilt es dann herauszufinden,
was die Diskurse prägt, „aus welchem Grund eher diese Ordnung als jene
errichtet worden ist“ (Foucault 1974, 22). Ordnung äußert sich zwar notwendig
durch alle Diskurse hindurch, lässt sich aber letztlich nur in den
Beobachtungsdaten wahrnehmen, ohne aus ihnen restlos ableitbar zu sein.
(Baasner, 131) 10. Zu verschiedenen historischen Zeitpunkten existieren
unterschiedliche Ordnungen. Sie stiften für die Vielfalt der Diskurse in je
einem Geschichtsabschnitt Gemeinsamkeiten, dadurch sind diese in einem
Zeitalter als relativ homogen anzusehen. Die gemeinsamen grundlegenden
Regelsysteme, die dominierende Verfasstheit historisch differierender
Diskurstypen, nennt Foucault episteme.
Das Wort bezeichnet hier den Zusammenhang aller zeitgenössischen Diskurse.
Foucault nimmt drei großräumige episteme an: Mittelalter, Renaissance und
Aufklärung (für Foucault das ‘klassische Zeitalter’), Moderne. Foucaults Ziel ist nicht eine zusammenhängende Geschichte
der Diskurse, sondern eine Archäologie
ihrer Schichtung. Die Diskurse selbst wandeln sich innerhalb einer episteme
durchaus, ohne freilich ihre Grundprinzipien zu modifizieren. Letztlich gilt
das Interesse der Diskursanalyse jedoch nicht dem historischen Wandel.
(Baasner, 131f.) 11. Erfasst werden sollen jene Konstitutionsregeln, die die äußere Begrenzung von Diskursen sowie
ihre innere Organisation betreffen. Die Konturierung gegenüber einem äußeren,
diskursfremden Bereich geschieht durch Verbote, die das Nichtzulässige aus dem
Diskurs fernhalten und nach außen verbannen. So verbietet z.B. der ‘Wille zur
Wahrheit’ innerhalb des Geltungsbereiches des Diskurses solche Aussagen, die
als unwahr eingeschätzt und daraufhin abgewiesen werden. Um durchgängig seine Macht zu behalten, muss sich der
Diskurs vor dem Hereinbrechen des Unvorhergesehenen, vor dem Regelverstoß und
der Gefahr anmaßender Inkompetenz schützen. Dies geschieht durch Mechanismen
der Kontinuitätsstiftung und der Verknappung
von Partizipation. Nur wer die Regeln akzeptiert, wird seine Äußerungen im
Diskurs platzieren dürfen.[3]
Der Diskurs bekräftigt als Abwehr gegen jedes unvorhergesehene plötzliche Ereignis eine Konstanz des Zulässigen,
indem die beständige Wiederholung desselben, bereits Gesagten zum Prinzip
gemacht wird. Das meiste, was geäußert wird, darf nur ein Kommentar über bereits Bekanntes sein;
im Bereich der kanonisierten Texte etwa ein Kommentar über ältere Primärtexte
(wie z.B. die Bibel). Die Diskurs-Regeln treten vor allem als Rituale in Erscheinung, die kaum
Abweichendes zu sagen erlauben. Sie berauben die Individuen ihrer
(eingebildeten) Selbständigkeit und reduzieren sie auf Funktionsträger im
Diskurs. (Baasner, 132f.) 12. Der Machtanspruch des Diskurses verwirklicht sich im
Zeichensystem. Die Dinge der Erfahrungswelt und die Zeichen stehen sich als
getrennte Bereiche gegenüber. Da alle Ordnung in der Kultur aber erst einmal
nur durch Zeichen geäußert werden kann, bestimmt der Diskurs über seinen Zeichencharakter zugleich das Verhältnis
der Zeichen zu den Dingen. Insofern ist Diskurs mächtig, aber von allen
empirischen, konkreten Gegebenheiten abgetrennt, ein ausgedachtes Konstrukt.
Diskurs bildet in dieser Hinsicht ein zeichentheoretisches Modell ohne Referenz
auf die Erfahrungswelt. Die gegenseitige Abgrenzung der Diskurse innerhalb einer
episteme erfolgt über die Inhalte, die Themen, die Wissensvorräte, die sie
jeweils exklusiv archivieren. Der juristische, religiöse, therapeutische und
politische Diskurs werden von Foucault als die wichtigsten hervorgehoben. Ihre
Eigenständigkeit behalten sie durch die semantische Spezialisierung. (Baasner,
133f.) 13. Die Analyse des Diskurses zielt vornehmlich auf alle
Äußerungen, die den Menschen und seine Verhältnisse zum Gegenstand haben. Die
Entdeckung der Ordnung in den Arbeiten über Irrenhäuser und Gefängnisse stützt
sich dem Anspruch nach auf konkrete historische Ereignisse und keineswegs nur
auf Zeichengebilde, von denen niemand sagen könnte, ob ihnen irgendetwas in der
Erfahrungswelt entspricht. Aus diesem Grund bleibt immer etwas zurück, das auf
soziale Strukturen verweist. Hier besteht ein Konflikt mit der
zeichentheoretischen Fassung des Diskursbegriffs; die Vermittlung zwischen Zeichensystemen
und sozialen Strukturen bedarf der Klärung. Tendenziell überwiegt in der
Germanistik die Rezeption im Sinne der zeichentheoretischen Interpretation des
Diskursbegriffs. (Baasner, 134) 14. Foucaults Kritik moderner Erkenntnistheorie wendet
sich gegen die scheinbar „selbstverständliche“ Annahme eines „begründenden
Subjekts“, das als Ursprung sprachlicher Äußerungen und Ursache für deren
Bedeutung angesehen wird, und die Annahme einer „ursprünglichen Erfahrung“, für
welche die Gegenstände Träger von Wahrheit oder Bedeutung darstellen, die
Sprache dann „nur noch“ ausdrücken muss (Foucault 1974a, 31f.). Dagegen stellt
er die These, dass es nichts ‘hinter’ den Diskursen gebe; anders ausgedrückt:
Welt ist nur durch Sprache zu ‘haben’, wird durch sie nicht etwa repräsentiert,
sondern (als diese bestimmte Welt) allererst konstituiert; und diese Sprache
wird von vorgängigen symbolischen Ordnungen bestimmt. Entsprechend wird auch
Wahrnehmung stets durch die diskursive Einbindung des Wahrnehmenden geprägt und
ermöglicht; auch sie ist also keineswegs ‘ursprünglich’. Dem Subjekt, der
zentralen Instanz moderner Erkenntnistheorie, kann infolgedessen keine
Autonomie mehr zugeschrieben werden: Es ist abhängig von den Diskursen, in
denen es erkennt und spricht und die es selbst überhaupt erst hervorbringen und
ausmachen. (Winko, 466f.) 15. Handelt es sich bei der Formulierung „1 künstliche
Wand, schallschluckend“ um eine Aussage im Sinne Foucaults? Die Aussage ist
nicht identisch mit dem semantischen Inhalt der Zeichenfolge. Damit ihr ein
solcher Inhalt oder „Sinn“ überhaupt zugeordnet werden kann, müssen nach
Foucault vier Bedingungen erfüllt sein: (1) Zunächst muss ein „Referential“ existieren, d.h. eine
Menge materieller oder fiktiver Gegenstände, auf die sich die Aussage beziehen
kann. Es handelt sich dabei also nicht zwangsläufig um einen wirklichen
Gegenstand (einen „Referenten“). Ein in der Alltagskommunikation als sinnlos
erscheinender Satz kann beispielsweise in einem literarischen Text, in einem
Traumprotokoll oder innerhalb eines geheimen Codes durchaus ein präzis
bestimmbares Objektfeld besitzen. Die oben zitierte Formulierung kann sich
umgekehrt, je nachdem, wo sie auftaucht, auf ganz unterschiedliche Gegenstände
beziehen. Sie kann z.B. Bestandteil eines Polizeiprotokolls sein, das einen
Tatort beschreibt. (2) Ebenso wie die Aussage einer bestimmten Menge von
Gegenständen Raum gibt, kann die Position
des Aussagenden von verschiedenen Individuen eingenommen werden. Das
Subjekt der Aussage ist aber nicht identisch mit ihrem Autor. Wenn sich eine
Aussage wie die oben zitierte in einem Roman findet, wird man nicht einfach
nach der ihr zugrundeliegenden Aussageabsicht des Autors fragen, sondern nach
dem Status des Erzählers oder der Figur, der sie zugeordnet ist. Folglich
können die Subjektpositionen der Aussagen eines Textes höchst unterschiedliche
sein. (3) Der Präzisierung des „Kontextes“ einer Formulierung
dient auch das „Aussagefeld“. Hier
kann uns der Autorname – Rolf Dieter Brinkmann – eine wichtige Hilfestellung
geben: Wir können uns bemühen, mit seiner Hilfe herauszufinden, in welchem
Aussagenzusammenhang die Formulierung steht (es handelt sich um die Zeile eines
Gedichtes). (4) Die letzte Bedingung für das Erscheinen einer Aussage
ist ihre „materielle Existenz“.
Anders als die sprachliche „Äußerung“, die ein einzigartiges Ereignis
darstellt, da sie nur von einem Subjekt, an einem Ort, zu einem bestimmten
Zeitpunkt formuliert wird und über eine einmalige Materialität verfügt, ist die
Materialität der Aussage „wiederholbar“. So bleibt Brinkmanns Formulierung die
gleiche Aussage, wenn das Gedicht in einer Neuauflage seines Buches oder einer
Lyrikanthologie erscheint oder in einer Kultursendung des Fernsehens rezitiert
wird. (Kammler, 34ff.) 16. Foucault definiert „Diskurs“
als „eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem
angehören“ (Foucault 1973b, 156). Eine sprachliche Formulierung ist „Aussage“
unter der Bedingung, dass sie als Resultat einer spezifischen „diskursiven Praxis“ beschreibbar ist.
Eine diskursive Praxis ist ein Ensemble von „Regeln“,
die einen Diskurs als endliche Menge tatsächlich formulierter sprachlicher
Sequenzen möglich machen. Diese Regeln bestimmen die „Formation“ (= Anordnung) der Gegenstände,
die in einem Diskurs zur Sprache kommen, der Subjektpositionen, die in ihm eingenommen werden können, der Begriffe, die in ihm verwendet werden
und der Theorien bzw. „Strategien“,
die ihn prägen. Die Analyse diskursiver Formationen hat die Produktion von
Wissen zum Gegenstand. Literatur kann
nicht einfach als Gebiet des Wissens
jenen Diskursen gleichgesetzt werden, auf die sich Foucaults Untersuchungen
konzentriert haben. Wissen kann sich zwar in der Literatur widerspiegeln, aber
literarische Produktion ist nicht mit Wissensproduktion gleichzusetzen.
(Kammler, 39f.) 17. Mit dem Begriff ‘Dispositiv’ liegt ein
Differenzkriterium gegenüber der Mentalitätsgeschichte vor. Foucault
veranschlagt – etwa hinsichtlich der Anreize, vom Sex zu sprechen – gerade
„nicht eine kollektive Neugierde oder Sensibilität, keine neue Mentalität“ für
das Auftauchen all der neuen Redeweisen, sondern rekonstruiert die
zugrundeliegenden Machtmechanismen und Dispositive als deren historisches Apriori. Analog nimmt
Foucault die Abgrenzung zur Ideengeschichte vor.[4] (Rieger, 166) 18. Der Anspruch Foucaults, ohne Rest und ohne Überschuss,
jenseits von Signifikant und Signifikat, auf Redeweisen zuzugreifen, führt zu
einer polemischen Absetzung gegenüber Interpretation. Immer wieder stellt
Foucault Texte aus unterschiedlichen historischen Formationen gegenüber und
rekonstruiert dann die jeweiligen Absetzbewegungen und Möglichkeitsbedingungen,
also ihr historisches Apriori. Textsorten, die für die jeweiligen Formationen konstitutiv
sind, werden eingespielt. Dieser „glückliche Positivismus“ Foucaults ist
gebunden an die wechselseitige Verschränkung von Kritik und Genealogie. (Rieger, 166f.) 19. Die Historie soll nicht als das Tatenfeld großer
Männer verstanden werden. Sie bildet ein Sedimentierfeld, ein „Archiv“ von
Bedeutungszuweisungen, die in ihrem Verhältnis zu den Systemen von Herrschaft,
Macht und Wissen rekonstruiert werden müssen. (Bossinade, 36) 20. Wenn Foucault die Formationsarten eines Diskurses
rekonstruiert, erinnert das zunächst an das Regeldenken der französischen
Strukturalisten. Im Unterschied zu diesen fragt Foucault jedoch konsequent nach
dem, was mit Hilfe der Regeln
ausgeschlossen, marginalisiert, diszipliniert wird. Es ist, mit anderen
Worten, das Verdrängte des Diskurses, das seine Aufmerksamkeit auf sich zieht
und das im Rahmen der neuzeitlichen Moderne als das nichtintegrierbare Andere
der Vernunft identifiziert wird. Insofern dieses Andere aber nur von einem
System von Aussagen her gedacht werden kann, figuriert es als ein überwiegend
semantisch, durch Serien von Merkmalszuschreibungen konstituiertes ‘Objekt’.
(Bossinade, 36f.) 21. Ein Diskurs ist etwas, das entsteht. Diskurs ist der
Name für ein Objekt, das es vorher nicht gab. ‘Wahnsinn’, ‘Krankheit’,
‘Sexualität’, ‘Delinquenz’ sind zentrale Exempel. Das Diskursobjekt entsteht
während einer bestimmten Periode, in der es zum Kernpunkt von Aussagen wird.
Die eigentlichen Produzenten sind also die Aussagen, die, um diskursstiftend zu
sein, einer Anzahl von Regeln unterworfen sind. Sie müssen Konstanz haben,
einen erkennbaren Stil aufweisen und ein System der Verteilung besitzen. Sie
müssen an Orten, z.B. sozialen Gruppen auffindbar sein, und sie müssen
Abgrenzungen, Zuständigkeiten etwa im Bereich von Recht oder Medizin schaffen.
Unter solchen Bedingungen hat sich des ‘Diskurs der Psychopathologie seit dem
19. Jahrhundert’ formiert. Überdies kann ein Diskurs nie der Ausdruck eines
Subjekts, sondern immer nur ein Feld für Positionen der Subjektivität sein.
Auch die Aussage ist nicht auf ein Subjekt rückführbar. (Bossinade, 163f.) 22. Insoweit dem Diskurs ein System von Aussagen zugrunde
liegt, ist er eine Figur des Wissens. Hier schließt methodisch die Archäologie
an. Das Bild der Ausgrabung hat Foucault wahrscheinlich deshalb fasziniert,
weil sich in diesem Rahmen sowohl Kontinuitäten als auch Diskontinuitäten der
Wissensproduktion beschreiben lassen. Die Kontinuität wird mit dem Verdacht
belegt, mit der Idee einer teleologischen Entwicklung zu kooptieren. Die
Diskontinuität mit ihren Zeichen Schwelle, Bruch, Einschnitt und Wechsel
genießt den Vorzug. (Bossinade, 164) 23. Die Archäologie erzeugt keine Interpretationen, sie
orientiert auf Systembildungen hin. Unter dem Blickwinkel der okzidentalen
Erkenntnisgeschichte wird die Interpretation in eine vergangene Epoche
verwiesen. Es ist die Epoche der Repräsentation, während der der König die
verborgene Wahrheit inkarniert, welche die Interpretationen fundiert. Die am
Wahrheitsgedanken orientierte Repräsentation wandelt sich beim Übergang zum 19.
Jahrhundert zur Selbstrepräsentation des endlichen Menschen und ist nun auf die
konkrete Körperlichkeit bezogen. (Bossinade, 164f.) 24. Noch entschiedener verschiebt Foucault die Perspektive
auf die Macht. In den 70er-Jahren entwirft er eine einflussreiche Theorie der
Macht, für die er Nietzsches Begriff der Genealogie, der Herkunftsbeziehung
heranzieht.[5] Die Macht
wird als ein Bündel strategischer Positionen auf einer vielfach gekreuzten
Achse dargestellt. Als „netzförmige Organisation“ gedacht, verliert die Macht
ihren Charakter als eindimensionales Instrument der Unterdrückung. Sie wandelt
sich zu einer produktiven Instanz, die, statt ein gegebenes Subjekt zu
beherrschen, das Subjekt und die diversen Formen von Subjektivität überhaupt
erst erzeugt.[6] Diese
dezentralisierte Figur der Macht eignet sich gut dazu, literarische Themen aus
alten Vorurteilen zu lösen. (Bossinade, 165) 25. Was Foucault an Nietzsches Genealogie hervorhebt, ist die Absage an die
hermeneutische Kategorie der Ursprünglichkeit des Verstehens und der Bedeutung
zugunsten der Anerkennung einer in der Geschichte der Metaphysik verborgenen
Form der Gewalt, die die unterschiedlichen Interpretation der Wahrheit in der
Geschichte bestimmt habe. Nietzsche vollzieht eine Subversion der Hermeneutik im
Zeichen eines Denkens der Macht, das zwar noch Interpretation ist, aber eine
solche, die sich ihres Gewaltpotentials bewusst ist. (Geisenhanslüke, 66) 26. Die Dekonstruktion und die Diskursanalyse teilen die
Kritik an der Hermeneutik wie die Überschreitung des strukturalistischen
Zeichenmodells am Leitfaden einer Philosophie der Differenz. Im Unterschied zur
Dekonstruktion ist die Diskursanalyse jedoch keine Wissenschaft des Textes oder
der Schrift mehr. Mit dem Leitbegriff des Diskurses rückt vielmehr die Frage
nach den Regeln in den Mittelpunkt, die das historische Phänomen der
„Literatur“ überhaupt erst hervorbringen. Der Diskursanalyse geht es daher
weniger um die Frage nach der poetischen Funktion der Sprache als um das
allgemeine Problem der Praxis von sprachlichen Aussagen als geregelten
Ordnungssystemen. (Geisenhanslüke, 121) 27. In dem Maße, in dem sich Foucaults Theorie des
Diskurses von der hermeneutischen wie der dekonstruktiven Frage nach der
Bedeutungsstruktur des Textes emanzipierte, entfernte sie sich auch von einer
Theorie des literarischen Textes.
(Geisenhanslüke, 121) 28. Foucault geht es darum, die für die Hermeneutik wie
die Dekonstruktion zentrale Instanz des Textes als den bloßen Effekt einer
diskursiven Praxis auszuweisen, die den Texten vorgängig ist und darüber
bestimmt, was in der Sprache zum Vorschein kommt und was als Ungesagtes
außerhalb der Sprache verbleibt. Kritik der Hermeneutik: In Foucaults Augen bündelt sich
die Anstrengung der Hermeneutik in der Praxis des Kommentars. Der Kommentar sei
jedoch einer grundlegenden Aporie unterworfen, da er für sich beanspruche, in
der Verdoppelung eines schriftlich niedergelegten Textes eine ursprüngliche
Form der Wahrheit zu erreichen, die unter den Dingen verborgen liege. (Geisenhanslüke, 122f.) 29. Die Kritik richtet sich dabei nicht auf den Kommentar,
da dieser einen ursprünglichen Text nicht zu erreichen vermöchte, dem er so
weit wie möglich zu ähneln versuche. Sie gilt vielmehr der grundsätzlichen
Trennung zwischen zwei im Sinne des Gegensatzes von Tiefe und Oberfläche
voneinander unterschiedenen Sinnstufen des Textes. Nicht der vergebliche
Versuch, einem Ursprung nahe zu kommen, der sich mit jedem Schritt weiter
entfernt, ist das eigentliche Problem des hermeneutischen Kommentars, sondern
die einfache Tatsache, das
hermeneutische Wissen damit in die zwei getrennten Bereiche von einem ersten,
angeblich ursprünglichen, und einem zweiten, daraus abgeleiteten Teil
auseinander fällt. Die unendliche Aufgabe des Kommentars resultiert Foucault
zufolge aus einer bloßen Verdoppelungsarbeit, die ihre Herrschaft nur unter der
Voraussetzung errichten kann, alles sei ein möglicher Gegenstand der
Interpretation. Nach F. (und Nietzsche) ist alles immer schon Interpretation.
Letztlich sei die Idee eines ursprünglichen Textes nur eine abgeleitete Folge
der verdoppelnden Praxis des Kommentars, der einen Ursprung hypostasieren muss,
um die eigene Tätigkeit sinnvoll entfalten zu können. F. hat die Aufhebung der
binären Ordnung von Ursprung und Kommentar durch die einfach strukturierte
Ordnung des Diskurses zum Ziel. Die Praxis des Kommentars weist F. als ein
eitles Spiel unendlicher Verdoppelungen zurück, das dem Text einen
ursprünglichen Sinn zu restituieren versucht, nach dem dieser nicht verlange. (Geisenhanslüke,
123f.) 30. Inn Foucaults Perspektive entfaltet sich auch Derridas
Begriff der Dekonstruktion letztlich auf dem Boden der Hermeneutik: die différance
nie als solche in den Text eingehe, diesen vielmehr in einer Bewegung der
zeitlichen und räumlichen Verschiebung erst ermögliche, ist unerheblich, wenn
davon ausgegangen wird, es keine zwei
Ebenen des Textes gibt, sondern nur die reine Materialität des Diskurses. So
erscheinen die Hermeneutik und die Dekonstruktion im Lichte der Diskursanalyse
letztlich als zwei feindliche Brüder, die von einer gemeinsamen Grundlage aus
in unterschiedliche Richtungen gegangen sind. (Geisenhanslüke, 124) 31. Erst mit der Ordnung
des Dinge (1966) lässt sich bei F. eine aussagekräftige Verwendung des
Begriffes „Diskurs“ feststellen. Die Ausweitung des Diskursbegriffes zum
universalen Gegenstand seiner Theorie erfolgt erst in den Methodenschriften Die Archäologie des Wissens ( 1969) und Die Ordnung des Diskurses (1971). Der
Diskursbegriff ist in seinem Werk Veränderungen unterworfen. (Geisenhanslüke,
124f.) 32. Autorschaft und Werkeinheit treten für F. hinter der
gesichtslosen Leere des Diskurses
zurück. Darin erfüllt sich F’s Intention einer radikalen Subjektkritik. Mit der Bestimmung des Diskurses als dem Verschwinden von
Subjekt und Bedeutung stellt sich zugleich die Frage nach der Bedeutung der
Literatur als Ausdruck einer fundamentalen „Ortlosigkeit der Sprache“ (Foucault
1974, 19) für F’s Theorie des Diskurses. Gerade in der Form einer „Atopie der
Sprache“ nimmt die Literatur in den frühen Schriften F’s eine privilegierte
Stellung ein, die auf eine poetologische Dimension von F’s Denken hinweist, die
mit seinem Begriff der Diskursanalyse nicht ohne Widersprüche in Einklang zu
bringen ist. (Geisenhanslüke, 125f.) 33. Foucaults Interesse an der Literatur reicht bis zu den
ersten Publikationen zurück. Die Ordnung der
Dinge: Historisch begreift F. die Literatur am Vorbild von Hölderlin,
Mallarmé und Artaud als Wiedererscheinen des Seins der Sprache und damit zugleich
als einen Gegendiskurs zur modernen hermeneutischen Theorie von Subjekt und
Bedeutung. Als reines Sein der Sprache verkörpere die Literatur eine
autonome Funktion der Sprache, die sich frei von allen referentiellen Bezügen
in ihrem reinen Selbstverhältnis erschöpfe. Als Schreibakt, der sich auf nichts
anderes als sich selbst richte, zeichne die Literatur die Bahn eines
(atopischen) Raumes nach, der in sich selbst verschwinde und damit für die Idee
eines schreibenden Subjekts keinen Platz mehr lasse. (Geisenhanslüke, 127) 34. Aus F’s Werk lassen sich zwei grundsätzlich
verschiedene Ansätze zur Begründung der Funktion von Literatur ableiten. Der
erste besteht in dem im strengen Sinne diskursanalytischen Verfahren, das sich
auf die Literatur als einen seiner möglichen Gegenstandsbereiche bezieht. Der
Vorteil dieses Ansatzes liegt in der Demystifikation der Literatur, die nicht
länger als eine privilegierte Form der Sprache erscheint, sondern die nun als
ein von außen gesteuertes Dispositiv in einem umfassenden Diskursnetz begriffen
wird. Der zweite Ansatz, der sich von der Literatur selbst herleitet, nimmt
seinen Ausgang von der Funktion des „Gegendiskurses“, die F. der Literatur in
seinen frühen Schriften zuspricht. das Feld des
Literarischen mit dem Versuch einer systematischen Ausarbeitung einer
allgemeinen Diskurstheorie aus F’s Gesichtsfeld verschwindet, weist zugleich
darauf hin, sich die Literatur in eine
allgemeine Theorie des Diskurses nicht ohne Widersprüche einfügen lässt.
(Geisenhanslüke, 128) 35. Eine Diskursanalyse der Literatur ist in F’s Werk
nirgends systematisch begründet. Eine spezifisch literaturtheoretische
Ausarbeitung der Diskursanalyse sieht sich daher von vornherein dazu gezwungen,
über F. hinauszugehen. Geisenhanslüke, 129) [2] Auch andere Diskursbegriffe sind versuchsweise auf literaturwissenschaftliche Gegenstände angewendet worden, z.B. der von Jürgen Habermas, der auf einer Theorie sozialer Interaktion aufruht. Verwendung findet er überwiegend in der Tradition der Kritischen Theorie. (Baasner, 129) [3] In seiner Inauguralvorlesung widmet sich Foucault den Reglementierungspraktiken, die gewährleisten, daß nicht jedes beliebige Subjekt zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort seiner Wahl sagen kann, was es will; kurz: den Machtmechanismen, mit deren Hilfe sich eine diskursive Praxis nach außen hin abschottet. (Kammler, 43) [4] Der Dispositivbegriff soll den Diskursbegriff nicht "aufheben", er soll lediglich der möglichen politischen Ausrichtung von Diskurselementen Rechnung tragen. Ein Dispositiv ist eine zielgerichtete Konstellation aus diskursiven und nichtdiskursiven Kräften. (Kammler, 44) [5] Denjenigen Theorietyp, der es nicht beim streng analytischen "Ausgraben" diskursiver Formationen ("Archäologie") beläßt, sondern sich den Formen ihrer Bedingtheit durch Machtverhältnisse und -mechanismen zuwendet, nennt Foucault "Genealogie". (Kammler, 45) [6] Von der Vorstellung einer dem Wissen äußerlichen Macht, die sich dieses lediglich aneignet, unterordnet und es ihren Zwecken dienstbar macht, verabschiedet sich Foucault in den siebziger Jahren, wenn er "Macht" zur Produzentin von "Wissen" erklärt und umgekehrt. (Kammler, 43) |