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deleuze/guattari

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Roland Braun

Operative Begriffe des Anti-Ödipus
Eine Zitatmontage

Virtuell/Aktuell

"Das Virtuelle ist real und in 'wechselseitiger Beziehung' mit dem Aktuellen, aber es existiert noch nicht einmal in dem Maße, wie das Aktuelle existierend genannt werden kann. Es substituiert im Aktuellen oder ist ihm immanent." (Brian Massumi, "A Users Guide to Capitalism and Schizophrenia", Massachusetts, 1992, S.37; im nachfolgenden UG; Übers. des Verf. (unauthorisiert))

"'Quarks' sind sowohl Teilchen als auch Welle, Materie als auch Energie; und weder ihre Position noch ihre Geschwindigkeit ist aufzeichenbar (assignable). Sie sind virtuell." (UG, S. 52, 53)

Unterscheidung zwischen zwei semantischen Typen von "Produktion": erstens die "Produktion von ...": "So daß an diesem Punkte die schnodderige Souveränität des AÖ verfängt: alles Produktion, eben Produktion der Produktion etc., und dies freilich unter der Prägorative der Produktion der Aufzeichnung, Wunsch/Maschine; (...). Und so daß zudem Sohn-Rethels Philosophie - Ableitung der Natur-Dispositionskategorien aus der Tauschabstraktion - eine einzigartige genealogische Potenz annimmt; wenngleich die materialistisch neukantianisch verstrickte Darstellungsweise diesem Gedanken mehr als nur inadäquat ist - sie zerstört ihn fast." (Rudolf Heinz, "Ödipus for ever"; in: "KAUM 2", S.57,58),

zweitens die "...Produktion" (verbal), von der nur die PP handelt, und die, wie Rudolf Heinz betont, sich nur aus der PA ableiten läßt ("Der Anti-Ödipus war von Kant geprägt, er sollte eine Art Kritik der reinen Vernunft auf der Ebene des Unbewußten sein.", so Deleuze/Guattari in "Tausend Plateaus", Berlin 1992, S. 11).

"Die disjunktive Synthese der Aufzeichnung überlagert demnach die konnektive Synthese der Produktion. Der Prozeß als Produktionsprozeß setzt sich fort als Verfahren im Verfahren der Einschreibung." (AÖ, S.20) "Wenn sie ("die gesellschaftliche Produktion", Anm.) auf diese Weise sich in die Aufzeichnung des Wunsches einschleichen kann, so weil der organlose Körper (im nachfolgenden KoO, Anm.), auf dem die Aufzeichnung stattfindet, seinerseits schon, wie wir gesehen haben, eine Urverdrängung gegenüber der Wunschproduktion ausführt." (AÖ, S.156) "Das Gehirn fungiert dabei geradezu als organloser Körper, der zur Aufzeichnungsfläche von Schaltungen wird und als Nicht-Produktivität alle Aktivität der Schaltungen an sich zieht. Dieser organlose Körper ist ein grenzenloser Speicher abgestellter Schaltungen, denn von 'den Zehntausenden von Schaltungen, die wir täglich abstellen, kommt nur ausnahmsweise eine einzelne noch einmal zur Wirkung.' Statt unterschiedlicher Schauplätze und theatralischer Repräsentation läuft bei Bleuler alles im Materialismus von Schaltungen ab: Produktion und Regulierung der Ströme durch komplexe Schaltkreise. Denken als Schaltung und Materialisierung von Logik wird damit zur Denkmaschine." ("Technologie des Unbewußten"; in: "Gilles Deleuze - Fluchtlinien der Philosophie", hrsg. von F. Balke/J. Vogl, München 1996, S. 224)

(Virtuell/Aktuell auf Ödipus appliziert: siehe AÖ, S. 166,167)

Synthesen/PP,PA,PK,Tausch

I) inklusiv-konnektive Synthese

- "...eine Akkumulation oder eine wiederholbare Kollision mit der Welt..." (UG, S.56)

- dies und das (UG, S.56)

- "...und dann" (siehe AÖ, S.11) --> PRODUKTION VON PRODUKTION-DEFINITION

II) inklusiv-disjunktive Synthese

- "...schafft (creates) divergierende Serien von Individuen (siehe UG, S. 48; vrgl. "Molekular/Molar"), die möglicherweise koexistieren, sich aber im Prinzip nicht vermischen..."(UG, S.56)

- dies und/oder das (UG, S.56)

- "...oder aber", siehe AÖ, S. 19: "Während das '...oder aber' Entscheidungsmöglichkeiten zwischen unvertauschbaren Begriffen kennzeichnen will, ..."--> TAUSCH-DEFINITION (zum Unterschied PA - Tausch: AÖ, S.180/237)

- "Im Fall der Disjunktion ist 'oder' in dem Sinn gemeint, daß auch beide Gleider wahr sein können, also 'oder auch'. Beispiele: 'Autos haben Trommelbremsen oder sie haben Scheibenbremsen. Sie können auch beide Arten Bremsen haben, zum Beispiel vorn Scheiben-, hinten Trommelbremsen. Doch unter den gegenwärtigen Autotypen gibt es keinen, der weder Trommel- noch Scheibenbremsen besitzt." (Albert Menne, "Einführung in die Logik", Basel 1993, S. 35)

III) inklusiv- konjunktive Synthese

- "...nimmt das 'und' aus der inklusiven disjunktiven Synthese 'und/oder'..." (UG, S.56,57)

- "Es verbindet divergierende Individuen in einem Netzwerk von potentiellen Mischungen, in denen kein Individuum a priori ausgeschlossen wird, von einem Punkt zu einem anderen zu gehen." (UG, S.57)

- "...das also" (siehe AÖ, S. 24)--> PRODUKTION VON KONSUMTION-DEFINITION

- "Der Konjunktor läßt sich in der Umgangssprache am besten durch 'und' wiedergeben oder durch 'beides zugleich'." (A. Menne, ebd.)

IV) exklusive Synthesen

- "...nur eine disjunktive Synthese ist fundamental exklusiv..." (UG, S.57)

- "...schafft (creates) Serien von divergierenden Individuen, deren einzig vollkommen authorisierter Modus von Koexistenz in dem abstrakten, kategorischen Gitter, welches sich aus wechselseitig kontradiktorischen Typen zusammensetzt, besteht." (UG, S.57)

- "Sogar wenn sein Gebrauch inklusiv ist, ist es exklusiv in seiner Operation: eine Kategorie wird zu einem Zeitpunkt in einer teilenden Handlung oder einem teilenden Urteil (dies oder das) angewandt (Anm: diese Kategorie oder diese Kategorie). Seine Version von 'und' ist eine Abfolge von 'ors' (unübersetzbar)." (UG, S. 57)

- "sei es"(siehe AÖ,S. 19)--> PRODUKTION VON AUFZEICHNUNG-DEFINITION

Wunsch

"Wunsch ist die Produktion von singulären Arten (states) von Intensitäten durch die Attraktion/Repulsion (auch ausgedrückt durch die Abstoßung (rejection) der Organe durch den KoO)." (UG, S. 82, siehe bes. zitierten Text UG, S. 71)

Attraktion/Repulsion

"Ist die Abstoßung die Bedingung des Funktionierens der Maschine, so die Anziehung das Funktionieren selbst. Daß das Funktionieren von diesen Bedingungen abhängt, wird insoweit klar, als es sich nur vollzieht, sofern es gestört wird. (...) Unser Versuch ging dahin, zu zeigen, wie die Anziehungs- und Abstoßungsverhältnisse solche Zustände, Empfindungen, Erregungen hervorrufen, die eine neue energetische Umwandlung nach sich ziehen und die dritte Form der Synthese, die der Konjunktion, entstehen lassen." (AÖ, S.426) ("Es funktioniert überall, bald rastlos, dann wieder mit Unterbrechungen.")

Urverdrängung

"... die Urverdrängung, wie sie innerhalb der molekularen Wunschproduktion auf dem organlosen Körper im Augenblick der Abstoßung ausgeübt wird." (AÖ, S:438)

"..., so beruht die erste positive Aufgabe hauptsächlich darin, auf gleichfalls wechselnde und angemessene Weise die maschinelle Konversion der Urverdrängung zu garantieren. D. h., (...) den scheinhaften Gegensatz der Abstoßung (KoO - Partialobjekt - Maschinen) in wirkliche Funktionsbedingungen umzuwandeln, ..." (AÖ, S.439)

KoO/Partialobjekte

"Der KoO ist eine Teilmenge der Konsistenzebene des Körpers: das Attraktor-Segment, daß das Repertoire der möglichen/potentiellen Stufen (states), unter denen es effektiv auswählt (Anm.: siehe 'Selektion'), beinhaltet. Der KoO ist pure Potentialität/pure Virtualität. (Sein "Phasenraum". ('Its phase-space.') Ein Organ korrespondiert zu jedem Punkt (eine Menge von 'dense points') auf diesem Segment. Nenn´ die 'attractor-point'-Menge, die sich selbst bestimmt (gouverning itself), die Aktualisierung der Handlungen des Organs ein Partialobjekt." (UG, S.71)

Exkurs: Phasenraum

"Um ein Beispiel zu gebrauchen: Der Erfolg in einem bestimmten Sport mag durch eine Kombination von Muskelkraft, Schnelligkeit der Bewegung, rascher Entschlossenheit und präziser Wahrnehmung von Richtung und Distanz bedingt sein. Ändert sich eine dieser fünf Variablen, so wird auch das Ergebnis entsprechend anders ausfallen. Man kann diese Variablen als die fünf Dimensionen einer schematischen Graphik darstellen. Die Resultate irgendeiner möglichen Konstellation dieser fünf Faktoren des Erfolges stellt sich dann als ein Diagramm dar. Die Gesamtheit aller möglichen solcher Punkte ist somit eine schematische Repräsentation der Abhängigkeit, das heißt eines empirischen Gesetzes.

Die Physik macht in Situationen, wo mehrere Faktoren ein Ereignis beeinflussen, häufig Gebrauch von solchen Darstellungen. Jeder der in Frage kommenden Eigenschaften, wie Temperatur, Druck, Zeit, Lage im Raum, wird eine Dimension zugeordnet. Die Physik nennt eine solche Darstellung einen 'Phasenraum'."

(Kurt Lewin, "Definition des 'Feldes zu einer bestimmten Zeit'", in: Bd. 4 der Kurt-Lewin-Werkausgabe, Stuttgart, im Entstehen seit 1981, S. 134)

"Wissenschaftler bezeichnen (express) die Konsistenzebene eines Körpers als seinen 'Phasenraum': die totale Summe der Bewegungen des Systems und Momente, die in der gleichen Menge von Koordinaten des Diagramms zusammengezogen (contracted) sind." (UG, S.67)

"Deleuze and Guattari (sowohl Spinoza als auch Leibniz folgend) versichern wahrlich, daß Wahrnehmung und Denken Substanz haben. (Heutzutage evoziert man die Erforschungen der Hirnrinde, oder besser, der Quantenwellen, die die synatischen Faserungen des Gehirns kreuzen.) Die Versicherung der Substanzhaftigkeit erlaubt es Deleuze und Guattari aufzuzeigen, daß die Voraussetzung, daß Denken und Wahrnehmung immer real und aüßerlich ist, sogar für die Phantasie zutrifft: wenn eine Phantasie Substanz hat, ist sie ein Körper, und ihr Verständnis durch einen anderen denkenden Körper (thought-body) ist so real wie die Wahrnehmung eines Objekts oder eines Körpers mit Umfang (extension) (Denken und Wahrnehmen haben nur 'intension', oder 'virtual reality'; sie sind real, aber nicht objektiv)" (UG. S. 157)

(zu Attraktion/Repulsion: siehe AÖ, S.426/438,439)

(zum KoO: siehe AÖ, "Der organlose Körper", S.15ff.)

Affekt

"Möglichkeiten, mit denen sich der Körper mit der Welt verbinden kann. Ein Mann, der ein Hund werden will, erforscht die Kombinationsmöglichkeiten oder die dynamische Reichweite des Körpers. Zu jedem Zeitpunkt in diesem Verlauf kombiniert er eine bestimmte Anzahl Affekte jedes abstrakten Körpers in einer speziellen Weise und inkarniert diese in seiner angebliche menschlichen Materie. Er zerlegt die Körper in zwei Klassen von virtuellen Affekten, oder KoO, und aktualisiert davon eine selektive Kombination, z.B. ein Hund mit Schuhen." (UG, S. 93)

Molekular/Molar

"Die statistische Akkumulation, die als eine sich-verschiebende (shifting) Masse begann, die sich aus fragmentarischen Prozessen zusammensetzt, die Partikel für Partikel operieren, durch strengste lokale Verbindungen, oder auf eine Weise, die 'molekular' genannt werden kann." (UG, S.48)

"Das resultierende vielschichtige (multilayered) Individuum, zusammengefaßt von einer Menge von aüßeren Kräften, die konzentriert arbeiten und in einem wohl-definierten Superindividuum verschmolzen werden oder eine 'molare' Formation." (ebd.)

"Die Unterscheidung zwischen Molekular und Molar hat nichts mit einem Grad zu tun. Molekular und Molar korrespondieren nicht mit 'klein' und 'groß', 'Teil' und 'Ganzem', 'Organ' und 'Organismus', 'Individuum' und 'Gesellschaft'. Es gibt Molaritäten jeder Größenordnung (die kleinste ist das Nukleotid des Atoms). Die Unterscheidung ist keine dem Grad nach, wohl aber dem Modus der Zusammensetzung nach: sie ist qualitativ, nicht quantitativ. In einer molekularen Population (Masse) gibt es nur lokale Verbindungen zwischen diskreten Partikeln. Im Falle molarer Populationen (Superindividuum oder Person) haben lokal verbundene (connected) diskrete Partikel über eine gewisse Distanz hinweg zu korrelieren begonnen." (UG, S.54)

Selektion/Evolution

"Wenn Nietzsche davon spricht, daß die Auswahl sich am häufigsten zugunsten der großen Zahl auswirke, so formuliert er darin einen Einfall, der das moderne Denken grundlegend inspirieren wird. Denn er will damit sagen, daß die großen Zahlen oder Großeinheiten nicht etwa vor dem Selektionsdruck bestehen, der dann ihre singulären Linien aufzeigen würde, sondern daß sie allererst im Verlauf dieses Selektinsdrucks entstehen, der die Singularitäten niederwalzt, eliminiert oder reguliert. Nicht die Selektion setzt eine erste Massenhaftigkeit, sondern diese setzt, darin entstehend, jene voraus. Die 'Kulur' als Selektionsprozeß (...), nicht funktional, sondern struktural, (...)" (AÖ, S. 44)




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