Gabriele Schwab

Millennium - Phantasien im kulturellen Imaginären der Jahrhundertwende

Der Vortrag entwickelt eine Lektüre von Dawn, dem ersten Teil der Science Fiction Trilogie Xenogenesis der afroamerikanischen Schriftstellerin Octavia Butler. Dawn gehört zu einer umfassenden Millenniumskultur, die die Bedingungen des Überlebens in einer technologischen Welt zum Gegenstand macht. Der Roman handelt von der Kolonisierung einer Gruppe von Überlebenden eines nuklearen Holocaust durch Außerirdische (die Oankali). Kontext der im Vortrag entwickelten Lektüre sind gegenwärtige Theorien und Diskurse zur Gentechnologie, zum Genomprojekt und zur künstlichen Reproduktion. Im Blick auf diese Diskurse erscheint der Text als "imaginäre Ethnographie", die zentrale Ängste und Wunschvorstellungen des ausgehenden Jahrhunderts im Rahmen einer experimentellen anthropologischen Reflexion artikuliert. Im Gegenzug zu Donna Haraways Lektüre der Xenogenesis-Trilogie als postnuklearer Utopie, analysiert der Vortrag die hochambivalenten Reproduktionsphantasien des Textes als Teil eines kulturellen Imaginären, das zugleich fasziniert und von Grauen erfaßt ist angesichts der Möglichkeiten technologischer Reproduktion. Aus dieser Sicht ermöglicht Butlers Text auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem vielleicht entscheidensten Paradigmenwechsel der neuen Epochenschwelle, dem Übergang vom Vitalismus zum Postvitalismus (Baudrillard; Doyle) im gegenwärtigen Diskurs der Life Sciences.

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Ausgewählte Daten bis 1998

Gabriele Schwab ist Professorin für Anglistik und Komparatistik und Direktorin des Critical Theory Institute an der University of California-Irvine. Ihre beiden letzten Bücher sind Subjects without Selves. Transitional Texts in Modern Fiction (1994) und The Mirror and the Killer-Queen. Otherness in Literary Language (1996). Zur Zeit arbeitet sie an einem neuen Manuskript mit dem Titel Imaginary Ethnographies und als Herausgeberin an einer Essaysammlung Forces of Globalization.