Andreas Schuppner

Drei Kurzgeschichten

Das erste Buch, das auf einer Schreibmaschine geschrieben wurde, war übrigens von Mark Twain.

Anders als ein Laptop kommt eine mechanische Schreibmaschine ganz ohne Software aus. Alles an ihr ist Hardware. Das einzig weiche an einer Schreibmaschine ist die Gummibeschichtung der Walze, das Farbband und das Herz, mit dessen Blut man auf ihr Gedichte verfasst, oder Romane, oder Stücke für das Theater.

Wo anders sonst könnte sich beispielsweise ein Dramatiker besser Inspirationen holen als vor der Schreibmaschine, deren Tastatur wie die Sitzreihen in dem Zuschauerraum eines Schauspielhauses angeordnet sind, was dem Verfasser die Illusion der Perspektive auf einer Bühne zu stehen vermittelt?

Oder erinnern einen Drehbuchautoren die Spulen der Farbbänder nicht auch an die Rollen jener Filme, die früher noch im Kino von einem Filmvorführer eingelegt werden mussten?

Die alten Schreibmaschinen sind romantisch, auf ihnen zu schreiben eine Herausforderung wie das Fahren einer Dampflokomotive.

Wenn man sich verschrieb, musste das falsche Wort ausge-ixt werden, es ließ sich nicht einfach mal eben so löschen, es hatte noch Gewicht.

Oder wenn ganze Passagen misslangen, konnte man seiner Wut viel mehr Ausdruck verleihen, indem man das eingespannte Papier mit einer dramatischen Geste aus der Maschine riss, und viel besser Dampf ablassen, wenn man die Seite zerknüdelte und in den Papierkorb feuerte.

Das alles geht mit einem Laptop nicht. Ohne jede Emotionen lösche, kopiere oder schneide ich die Passagen aus. Ich kann einen Text ganz leicht korrigieren, immer und immer wieder ändern und ausdrucken, wenn ich will. Und ich muss auch nicht bei jedem Zeilenende die Walze mit einem Hebel zurückschieben. Das macht alles die Software.

Und deshalb ziehe ich meinen Laptop meiner Schreibmaschine vor.

 

Andreas Schuppner
Andreas Schuppner liest im Café, 13.6.14
© Foto CultD