Pokhara, Nepal, 16./17. März 2011
Liebe Leute,
ich bin gut in Pokhara am schönen Phewa Lake angekommen. Nach den erholsamen Tagen bei Heidi und Franz (Dank nochmals!) genieße ich den Sommer, denn hier ist es mittags richtig heiß. Ein herzlicher Empfang war das bei Gabi, ein schöner Abend am See - barfuß in Schlappen ohne zu frieren - und die Mücken sind noch nicht so aktiv. Manchmal ist es mir, als könne ich im Anblick der silbrig spiegelnden Wasseroberfläche versinken.
Mickey, der "Herr/Hund des Hauses" ist ein noch reichlich verspielter, gutmütiger Kollege, der demnächst sein richtiges Gebiss haben wird. Es wird noch eine Menge Arbeit sein, ihn zu erziehen. Doch das ist eben so bei richtigen Charkteren.
Heute morgen kam wie angekündigt ein weiterer Gast vom Trekken zurück. Ein Nachbar, sozusagen, Steffen, der vor einiger Zeit von Friedrichshain nach Kreuzberg übergesiedelt ist. Die Welt ist zuweilen sehr klein. Auf Reisen macht man ja auch in der Regel interessante Bekanntschaften, wenngleich es auch gilt, sich von bestimmten Örtlichkeiten fernzuhalten, wo recht sonderbares Klientel absteigt. Doch in diesem abgelegenen, ruhigen Teil von Pokhara gab es bisher keine negativen Begegnungen, im Gegenteil.
Hier zu arbeiten ist anstrengend, denke ich mir. Ein Stück weit werden wir immer die Fremden bleiben, egal wie sich das Zusammenleben entwickelt. Wenngleich bekannt bei Gott und der Welt, gute Freunde findet man nicht so einfach wie überall. Doch beim Unterrichten ist es wie bei mir in Berlin. Alles steht und fällt mit den Schülern.
Die lange Fahrt hierher im Bus, sieben Stunden sind ja eigentlich nichts gegen meinen letzten "Ritt". Durch das Tal mit den kleinen, unzähligen, grünen Feldern in Terrassenform, den Menschen, die ernten, setzen und mit Ochsen pflügen, denen auf der Straße, die teilweise unglaubliche Lasten mit ihrem Stirnband auf dem Rücken halten, kleinen Dörfern und einzelnen Gehöften an den Berghängen. Ich hatte es nicht mehr so schön in Erinnerung. Dazu die ganzen jungen Tiere, die in den vergangenen Wochen und Tagen geboren wurden...
Und ein Abend hier am See ist unbezahlbar, wenn die Sonne hinter den Bergen versinkt. Ach so, im Gegensatz zum vergangenen Jahr ist die Sicht relativ gut. Gestern habe ich einige der Gipfel des Annapurna Massivs gesehen. Wunderschön von hier unten, doch für mich unvorstellbar, dass ich da freiwillig hochgehe. Wenn ich schon von hier den ganze Schnee sehe...
Es wird jedoch auch hier an den Hängen zum See hin gebaut wie verrückt. Irgendwann wird von den kleinen Feldern in siedlungsnähe nicht mehr viel übrig sein. Doch noch geht alles hier einen ruhigen, gemächlichen Gang.
Seid gegrüßt, ihr Lieben und ein wunderbare Restwoche
Stefan
Pokhara, Nepal, 18./19. März 2011
Liebe Leute,
Pokhara ist wunderschön, doch im Moment (gestern) verregnet. Trotzdem war ich heute morgen mit Steffen unterwegs, das "Kinderheim" zu besichtigen, wo er ein Jahr lang gearbeitet hat. Immer am See entlangmarschiert, bis der verschwunden war und Reisfeldern in der Tiefebene Platz gemacht hatte. Von den Touristen war nicht mehr viel zu merken, alles ging gemächlich seiner Arbeit nach. Die Büffel grasten, die Frauen schleppten, wuschen, kochten und verkauften, die Männer tranken Tee, saßen hinter dem Steuer oder knechteten auf den Baustellen. Fischverkauf an der Straße, Kükenrennen im Kleingarten, Enten, Reiher, bunte Vögel und fette Raben, die den Büffeln die Parasiten vom Rücken knabbern.
Das Kinderheim, eine wunderschöne Anlage mit mehreren Häuser, Gemüsegärten dazwischen. Man könnte eine Menge daraus machen... Und die Kinder adoptierten mich sofort. Kleine wache und zuweilen recht handgreifliche Wesen. Ich hatte meinen Spaß. Dann mit dem Bus zurück. Voller geht es nicht, oder doch? Ich konnte erst nach 10 Minuten mein Geld aus der Hosentasche bekommen, so eng war es dort.
Die Tage verlaufen gemächlich. Das ist Urlaub. Und da ab 21:00 Uhr der Strom mit Sicherheit weg ist, wird früh geschlafen. Ruhig ist es hier, geruhsames Leben in einem doch insgesamt recht gebeutelten Land. Die beiden vergangenen Abende habe ich mit einigen Leuten verbracht. Vorgestern waren wir in einer wunderbaren nepalesischen Familie zum Essen eingeladen. Ruhige, kluge Leute, gutes Englisch und viel Geist. Als die Dame des Hauses dann ebenfalls den einen oder anderen Drink mitnahm, war ich doch mehr als erstaunt. So etwas hatte ich bisher noch nie. Gestern ein Essen am See mit Menschen die hier aktiv sind, einem jungen Paar, das gerade eine kleine Hilfs- und Bildungsorganisation aufbaut. So etwas finde ich gut. Dann verschlingt die Bürokratie keine Unsummen, das Geld oder auch Sachspenden kommen direkt an und die Reaktionen sind schnell. Wer also spenden möchte, ich habe den Kontakt.
Heute ist Holi. Da habe ich etwas Zeit zum Schreiben. Nachher wird unter den Einheimos gefeiert, Farbbeutel werden fliegen, Farbwasser verspritzt werden, doch wir gehen mit dem Hund in den Wald. Seitdem hier ein Leopard im Garten stand, ist Gabi sehr vorsichtig mit ihrem Schützling und dem Freilauf, doch auch das kann vorkommen. Jetzt liegt der Stratege hier neben mir, döst und träumt und ich genieße mein letztes Wochenende in Nepal/ im Urlaub vorerst.
Ich hoffe, es geht dir, liebe Heidi und dir, lieber Franz gut in Myanmar. Herzliche Grüße an euch und an alle meine Freunde und Verwandten, ...
Stefan