mixed pixels - nam june paik
name june paik students. video dreams - ausstellung im kunstmuseum duesseldorf vom 5.4.-5.5.1996

Susanne Rennert / Stephan von Wiese

Vorwort

Siebzehn Jahre lang war Nam June Paik Lehrer für Video an der Düsseldorfer Kunstakademie, obgleich seine Stelle offiziell als Lehrstuhl für Bildhauerei deklariert war. Norbert Kricke hatte ihn 1978 an die Akademie geholt. Dort steckte die Video-Werkstatt, die zwei Jahre zuvor von Ursula Wevers eingerichtet worden war, technisch noch in den Anfängen. Video war damals – mehr als alles andere – das Medium der Zukunft, obwohl die Geräte, mit denen man arbeitete, heute bereits wie Relikte aus längst vergangenen Zeiten erscheinen. Die Idee zu einer abschließenden Präsentation der Klasse entstand schon 1991, anläßlich der Paik-Retrospektive in der Kunsthalle Düsseldorf. Damals verabredete Paik eine Ausstellung seiner Schüler im Kunstmuseum – mit der Vorgabe, auf Konzeption und Auswahl der Teilnehmer selbst keinen Einfluß zu nehmen. Im November letzten Jahres haben wir die Idee wieder aufgenommen. Paiks Abschied von Düsseldorf im Frühjahr 1995 ist für uns somit der aktuelle Anlaß zur Auseinandersetzung mit seinem unkonventionellen Verständnis von "Lehre". Aus der großen Zahl ehemaliger Schüler haben wir achtzehn Künstler verschiedener Generationen ausgewählt. Beginnend mit den "Video-Pionieren", die Ende der siebziger Jahre in der Videowerkstatt experimentierten, zieht sich der Bogen des Spektrums bis hin zu den jüngsten Vertretern der Computer-Generation, für die der Übergang vom Analogen zum Digitalen schon selbstverständlich war.

Unser Ziel ist es, möglichst vielseitige Positionen exemplarisch zu präsentieren, ohne die Entwicklung des technischen Mediums in den Vordergrund zu stellen. Interessant erschienen uns all diejenigen Beiträge, in denen sich ein besonders freiheitlicher, eigenständiger Geist im Umgang mit dem Medium zeigt. Es war ja eine spezielle Atmosphäre, die die Klasse Paik von anderen abhob. Herauskristallisiert haben sich im Rahmen unserer Vorbereitungen bestimmte Kernthemen. Unter den Stichworten "Der Zufall", "Die Aufhebung gewohnter Wahrnehmung", "Zeit und Stille", "Lauter Zeitgeist", "Zwischen Kunst und Politik: Alternative Denkmodelle", "Zwischen den Kulturen" und "Identität" werden diese später vorgestellt.

Eine ganze Reihe von Künstlern sind bei der Auswahl zwangsläufig zu kurz gekommen: manche, die den Schwerpunkt ihrer Arbeit in den kommerziellen Videobereich verlagert haben, andere, bei denen die Beherrschung der Technik Übergewicht über die inhaltliche Aussage gewann. Auch die, die vorzugsweise im malerischen oder skulpturalen Bereich arbeiten, haben wir nicht berücksichtigt.

Um keine Geschichtsklitterung zu betreiben, sind die Namen aller Studenten, die bei Paik eingeschrieben waren, in den Klassenlisten am Ende der Katalogdokumentation festgehalten. Die Videothek in der Ausstellung, zu der prinzipiell alle ehemaligen Studenten Beiträge einliefern konnten, soll ebenfalls ein gewisses Gegengewicht zu unserer Auswahl schaffen.

"Mixed Pixels – Students of Paik (1978-1995)" ist bereits die dritte Präsentation der Klasse im Kunstmuseum Düsseldorf. Ein weitgehend geschlossenes Bild ergibt sich möglicherweise erst, wenn man die Ausstellungen von 1983 und 1986, sowie die Aktivitäten im Forum Bilker Straße gleichfalls berücksichtigt.

Rückblickend und schon aus dem geringen historischen Abstand erweist sich die Klasse Paik als die wohl progressivste und erfolgreichste Video-Schmiede Deutschlands in den letzten zwanzig Jahren. Sichtbar wurde dies vor allem auch im Ausland, so z.B. in diversen Ausstellungen im New Yorker "Anthology Film Archives", 1985 in Paris oder 1991 in Seoul. Hier wie dort haben sich bereits Künstler aus verschiedenen Generationen beteiligt.

Möge die Aufbruchstimmung, die in der Klasse herrschte und heute schon Geschichte ist, in die Zukunft ausstrahlen.

An erster Stelle möchten wir Nam June Paik danken, dessen großzügige finanzielle Hilfe die Ausstellung überhaupt erst ermöglicht hat. Wesentliche Unterstützung erfuhren wir auch durch Hubertus Neuerburg und Heinz Getrost von der Video-Abteilung der Kunstakademie Düsseldorf. Im Archiv der Akademie wurde uns vielseitiges Dokumentationsmaterial zur Verfügung gestellt. Entscheidend zum Gelingen der Ausstellung haben ebenfalls die zahlreichen Sponsoren beigetragen, die gesondert aufgeführt werden. Die Photographen und Autoren haben die Jahre der Klasse Paik lebendig werden lassen. Gedankt sei ebenfalls Doris Hansmann für ihre lektorische Hilfe, sowie Jan van der Most, der die Katalogarbeit mit viel Sorgfalt und Umsicht durchgeführt hat.

Vor allem aber soll allen "Mixed Pixels" gedankt werden – den Künstlern unserer Ausstellung – die in vielen gemeinsamen Gesprächen immer noch ganz vom Geist der Klasse inspiriert erschienen.